
John Browne
Noch seien Coming-Outs in der Wirtschaft â gerade unter FĂŒhrungskrĂ€ften â selten […]. Es fehle an Vorbildern, die zeigen, wer sie sind.
Wo der frĂŒhere Chef von BP und heutige Executive Chairman der Ălinvestfirma L1 Energie, John Browne (68), auftritt, wird es emotional â ein seltener Umstand in der Welt der Wirtschaft. In seiner Keynote an die teilnehmenden FĂŒhrungskrĂ€fte erzĂ€hlte der gebĂŒrtige Hamburger Browne aus seinem Leben und von seinem jahrzehntelangen Verstecken. Seine Mutter, eine Ăberlebende des Konzentrationslagers Auschwitz, hatte ihm in jungen Jahren eingeschĂ€rft, dass es gefĂ€hrlich sei, jemandem ein Geheimnis zu erzĂ€hlen und ein identifizierbarer Teil einer Minderheit zu sein. An diesen Rat hielt sich Browne bis zu seinem Zwangs-Outing im Jahr 2007. In seinen 41 Jahren bei BP â davon 13 Jahre als Chief Executive â, in der er den Energiekonzern zu einer der gröĂten Firmen weltweit entwickelte, habe er die ganze Zeit ein Doppelleben gefĂŒhrt: eines fĂŒr die Ăffentlichkeit und ein privates als homosexueller Mann. Seine wahre IdentitĂ€t zu verheimlichen, habe von ihm stĂ€ndige Wachsamkeit verlangt, berichtete Lord Browne. Heute findet er, dass es keine gute Idee sei, seine IdentitĂ€t zu verstecken. Das koste Menschen viel Energie und KreativitĂ€t, die in der Arbeitswelt letztlich den Unternehmen verloren gingen.
Eine Studie fĂŒr sein Buch âThe Glass Closet: Why Coming Out is Good Businessâ habe herausgefunden, dass der Wert von Unternehmen mit authentisch und offen lebenden VorstĂ€nden deutlich höher liege als bei Unternehmen mit VorstĂ€nden, die traditionell-konservative Ansichten vertreten. Wirtschaft und Gesellschaft profitierten also nachweislich von toleranten Unternehmenskulturen, sagte Brown in seiner emotionalen Keynote. An die anwesenden DAX-Vorstandsmitglieder und Top-FĂŒhrungskrĂ€fte richtete er deshalb den Appell: Die Logik von Unternehmen sei, Menschen zusammen zu bringen. Deshalb sei es nur folgerichtig und wichtig, dass sich Weltkonzerne und groĂe Unternehmen als VorkĂ€mpfer zu Diversity und Inclusion bekennen, sie offen kommunizierten und immer wieder selbst auf die Tagesordnung setzten, um so ein angstfreies Arbeitsumfeld zu schaffen. Noch seien Coming-Outs in der Wirtschaft â gerade unter FĂŒhrungskrĂ€ften â selten, konstatierte der charismatische Browne. Es fehle an Vorbildern, die zeigen, wer sie sind.
In die Runde fragte Browne, wie viel offen schwul lebende VorstÀnde es denn in den Konzernen des S&P 500 Index gebe? Nur einen, und das sei Tim Cook, der CEO von Apple.
Als eine der erfolgreichsten Manager der Welt hat sich John Browne seit seinem Zwangs-Outing durch einen frĂŒheren Freund bewusst entschieden, ein Vorbild zu sein, ein âRole-Modelâ, um andere zu ermutigen, zu sich selbst zu stehen und ihren eigenen Weg zu gehen.
Er wolle das Richtige tun, erklĂ€rte Brown sein Engagement. Deshalb schreibe er BĂŒcher und sei in der Ăffentlichkeit aktiv. Aus eigener Erfahrung wisse er nur zu gut: Die Wirtschaft ist ein âspezieller Ortâ und sehr konservativ. VerĂ€nderungen brĂ€uchten hier Zeit und beharrlichen Druck.
In Deutschland hat sich bisher nur ein Konzern-Vorstandschef als schwul lebend geoutet: Niek Jan van Damme von der Deutschen Telekom.
âThis was my first prout-at-work event I was encouraged to join, because I was really interested to hear Lord Browne. He is really interesting as a person and a very credible person to speak about inclusion in corporate environment. He gave us lessons which I hope we could take home to our own companies.â
Die extra zum DINNER BEYOND BUSINESS nach Hamburg gereisten Vorstandsmitglieder waren bewegt von dem, was John Browne erzĂ€hlte. Robin J. Stalker, Finanzvorstand bei Adidas, erinnerte sich an seine erste Begegnung mit der LGBT*IQ-Bewegung, und dass er erst eine Weile ĂŒber ihr Anliegen nachdenken musste, sich heute aber absolut damit identifiziere. âThis was my first prout-at-work event I was encouraged to join, because I was really interested to hear Lord Browne. He is really interesting as a person and a very credible person to speak about inclusion in corporate environment. He gave us lessons which I hope we could take home to our own companies.â
An die halbstĂŒndige Rede von Lord Browne schloss sich ein vorzĂŒgliches Essen an, das bis in den spĂ€ten Abend dauerte und wĂ€hrenddessen sich interessante GesprĂ€che und neue Kontakte entwickelten.
Janina Kugel, Arbeitsdirektorin der Siemens AG, wĂŒrde beim nĂ€chsten DINNER BEYOND BUSINESS gern wieder mit dabei sein: âIch habe eine sehr aufgeschlossene Gruppe von unterschiedlichen Unternehmensvertreter_innen getroffen, die sagen, das Thema ist wichtig, wir wollen es vorantreiben, damit Diversity auch in Deutschland publik wird. Denn, wenn wir es genau ĂŒberlegen, haben wir hier Nachholbedarf Leute zu finden, die sagen, ja ich gehöre der LGBT-Community an, ich stehe dazu, ich bin der oder die, die ich bin, und verstecke mich nicht.â
Norbert Janzen, als Arbeitsdirektor Mitglied der GeschĂ€ftsfĂŒhrung bei IBM, ist ebenfalls von der Idee des Abends begeistert: âIch habe eine groĂe AffinitĂ€t zur Offenheit und liebe den Austausch zwischen Firmen, weil ich glaube, wir können sehr viel voneinander lernen. Und die Plattform, die hier geboten wurde, ist phĂ€nomenal. Das zu verbinden mit einem After-Work Dinner und mit einem so inspirierenden Gast ist hervorragend. Ich werde eine Menge mitnehmen und in die Firma zurĂŒcktragen.â
Die Veranstaltung mit Lord John Browne in Hamburg ist der Auftakt zu der Reihe DINNER BEYOND BUSINESS. Dabei trifft sich in lockerer AtmosphĂ€re und bei einem erstklassigen MenĂŒ ein ausgewĂ€hlter Kreis von Vorstandsmitgliedern mit den VorstĂ€nden und Stiftern von PROUT AT WORK. Die Keynote von namhaften Referenten schafft jeweils den Rahmen fĂŒr Inspiration und den Austausch ĂŒber neue Perspektiven der Unternehmenskultur. Die Treffen sind in unregelmĂ€Ăigen AbstĂ€nden geplant.
Der Einladung von PROUT AT WORK zum ersten DINNER BEYOND BUSINESS waren VorstÀnde und Executives von Adidas, Allianz, Bayer, Commerzbank, Covestro, DEA, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Dow, EY, GE, IBM, Latham&Watkin, Merck, Pfizer, PwC , Sandoz, Siemens, Sodexo und White&Case gefolgt.
Video der Rede von Lord Browne: