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„MORE* ist für mich deshalb auch ein ganz klares Signal nach draußen – eines, das zeigt, dass wir in der Otto Group […] auch weiterhin ein weltoffener, toleranter, bunter Konzern bleiben.“

Ingo Bertram ist Pressesprecher bei OTTO und Co-Founder von MORE*, dem LGBTIQ*-Netzwerk der Otto Group. Zuvor leitete der gebürtige Bremer in der Unternehmenskommunikation des Logistikdienstleisters Hermes die Abteilung „Corporate PR & Content“ und war als PR Consultant für internationale Marken und Konzerne beratend tätig.

Ihr seid ein ganz junges Netzwerk – erst 2019 gegründet. Erzählt uns, wie es von der Idee zur Gründung und den ersten Aktionen als Netzwerk kam?

 

Ingo Bertram: Die Otto Group macht sich schon lange für Diversity stark, das schließt LGBT*IQ explizit ein. Die 2017 gestartete Partnerschaft mit Hamburg Pride ist ein schönes Beispiel dafür. Dennoch fehlte innerhalb der Konzerngruppe bislang ein offizielles Framework, dass die Vernetzung von LGBT*IQ-Menschen gezielt vorantreibt, queere Themen fördert und Aktionen koordiniert. Auch fehlte bislang eine zentrale Stimme, die die Interessen unserer queeren Kolleg*innen vertritt. Genau deshalb haben wir im Mai 2019 mit MORE* ein queeres Network in der Otto Group gegründet. Ende Juli sind wir dann, anlässlich der Hamburg Pride Week, mit dem Netzwerk offiziell an den Start gegangen – und haben zum Auftakt den OTTO-Campus mit verschiedenen Aktionen in ein Meer aus Regenbögen getaucht, inklusive Rainbow-Zebrastreifen und riesiger Regenbogentorte. Der Zebrastreifen bleibt übrigens dauerhaft auf unserem Campus, gleiches gilt für die Regenbogenflagge vor dem Haupteingang. Die Torte hingegen hat keine zwei Stunden überlebt.

„Ob wir mit MORE* in der Otto Group dauerhaft Erfolg haben werden, hängt in erster Linie davon ab, wie tief wir unsere Vision im Konzern und im Mindset der Belegschaft verankern können.“

Mit welchen Herausforderungen wurdet ihr konfrontiert? Wo habt ihr Unterstützung erfahren?

 

Ingo Bertram: Wir haben schon in der Gründungsphase erfreulich viel Zuspruch und Unterstützung erfahren, und das nicht nur von direkten Kolleg*innen, sondern explizit auch aus den höchsten Führungsebenen. Mir kam es beizeiten so vor, als hätten viele Menschen hier nur darauf gewartet, dass endlich ein queeres Netzwerk an den Start geht. Insofern war es für uns letztlich die größte Herausforderung, das Netzwerk nicht nur innerhalb weniger Wochen offiziell zu gründen, sondern zum Start auch einen Auftakt zu kreieren, der unseren eigenen, hohen Ansprüchen gerecht wird – und all das, ohne unsere Hauptjobs zu vernachlässigen. Dass wir nach dem offiziellen Start am 29. Juli binnen 48 Stunden bereits über 150 MORE* Supporter hatten, hat mich völlig umgehauen.

Ihr habt mit Gesa Heinrichs eine enorm engagierte Person als Executive Sponsor an Eurer Seite. Inwiefern hilft Euch dies in Eurem Engagement?

 

Ingo Betram: Ob wir mit MORE* in der Otto Group dauerhaft Erfolg haben werden, hängt in erster Linie davon ab, wie tief wir unsere Vision im Konzern und im Mindset der Belegschaft verankern können. Dies wiederum setzt voraus, dass wir möglichst viele Kolleg*innen motivieren können, die Arbeit unseres Netzwerks aktiv mitzugestalten und Ideen voranzutreiben. Natürlich ist es dabei hilfreich, dass MORE* auch in höheren Führungsebenen über engagierte Mitglieder und Supporter verfügt, wie etwa Gesa Heinrichs oder auch unsere Schirmherrin Katy Roewer, Bereichsvorständin Service & HR bei OTTO. Das erleichtert den Zugang zur Führungsspitze und kann Abstimmungswege verkürzen. Entscheidend ist letzten Endes aber, dass sich unsere Ideen, Visionen, Wünsche unabhängig von Hierarchien im Unternehmen festsetzen. Und dafür braucht es jede*n Einzelne*n.

Warum ist es für Euch eine Herzensangelegenheit LGBT*IQ zu unterstützen?

 

Ingo Bertram: Hier möchte ich zwischen persönlicher und gesellschaftlicher Ebene unterscheiden. Persönlich betrachtet ist die Antwort insofern naheliegend, als dass ich wie viele andere Initiatoren und Supporter bei MORE* selbst queer bin – und natürlich in einem Unternehmen arbeiten möchte, das seine Mitarbeiter*innen vorbehaltlos gleichbehandelt, unabhängig von Geschlecht, Religion, Hautfarbe oder eben sexueller Identität. So etwas funktioniert aber immer dann am besten, wenn es Menschen gibt, die sich in einem Unternehmen pro Vielfalt engagieren und mit gutem Beispiel vorangehen. Genau das möchten wir mit MORE* tun.

Mindestens genauso wichtig finde ich aber auch die Strahlkraft, die ein solches Engagement über den eigenen Arbeitsplatz hinaus haben kann. Wir erleben in Deutschland und vielen anderen Ländern derzeit ein partielles gesellschaftliches Rollback. Rechtspopulistisches Gedankengut gewinnt an Einfluss, und das meist auf Kosten von Minderheiten – was eben nicht nur Geflüchtete, Muslime oder Juden sind, sondern auch queere Menschen. Dem kann und möchte ich nicht tatenlos zusehen, weder privat noch im Arbeitsleben – und das geht vielen anderen hier auch so. Ich bin der Überzeugung, dass Konzerne in diesem Diskurs eine wachsende gesellschaftliche Verantwortung innehaben und aktiv Stellung pro Vielfalt beziehen müssen. MORE* ist für mich deshalb auch ein ganz klares Signal nach draußen – eines, das zeigt, dass wir in der Otto Group uns diesem Rollback nicht ergeben werden und auch weiterhin ein weltoffener, toleranter, bunter Konzern bleiben.

Was sind die nächsten Schritte, Wünsche und Ziele für das Netzwerk?

Ingo Bertram: Global arbeiten über 50.000 Menschen für die Otto Group. Die größte Herausforderung und somit für uns auch das wichtigste Ziel wird sein, möglichst viele dieser Menschen zu erreichen. Das klingt erst einmal trivial, ist es aber nicht. In den kommenden Monaten werden wir uns daher zunächst verstärkt um eine interne Vernetzung zwischen den über 120 Gesellschaften der Konzerngruppe bemühen, sowohl digital als aber auch mittels regelmäßigen Austauschformaten. Gleichzeitig möchten wir intern an verschiedenen Stellen die Sensibilisierung für queere Themen vorantreiben, sei es im Marketing und im Einkauf, bei unseren Onlineshop-Teams oder auch im Recruiting-Prozess. Ich denke, da sind wir schon jetzt auf einem guten Weg.

Vielen Dank für das Gespräch, Ingo!