Louis Tongbong-Thomson

MYSTORY mit …

Louis
42 Jahre, Berlin

“Allen Schwierigkeiten zum Trotz fand ich
mit 20 den Mut, mich zu allen Facetten
meiner Identität zu bekennen. …”

Veröffentlicht: Mai 2022

Being QPOc.

Als QPOC in diesem mehrheitlich heteronormativen-cisgender, weißen Umfeld, habe ich sehr schnell gelernt, (un)bewusste Unterdrückungsphänomene zu identifizieren, um (relativ) sicher durch die Welt navigieren zu können. Das war einfach eine Frage des Überlebens  – zumindest kam es mir damals, zum Teil zu Recht, so vor. All diesen Schwierigkeiten zum Trotz fand ich mit 20 den Mut, mich zu allen Facetten meiner Identität zu bekennen – dank der Unterstützung von QPOC-Freund_innen, die ich in der Aktivist_innenszene kennengelernt habe und deren Geschichten mich motiviert haben.

Kurz nach meinem Coming Out hatte ich dann die Gelegenheit, nach Köln umzuziehen, um dort weiter zu studieren. Wie alle Gleichaltrigen in einer der queersten Hochburgen des Landes ging ich eines Nachts in eine der zahlreichen Diskotheken. Dort kam ein (weißer) Mann lächelnd auf mich zu, sprach mich aber auf Englisch an. Obwohl ich immer wieder Deutsch redete, antwortete er stets auf Englisch, was mich ein bisschen irritierte, da sein deutscher Akzent einfach zu erkennen war. Der Herr war höflich, nett, bot mir ein Getränk an. Obwohl die Unterhaltung ziemlich angenehm war, war mir klar, dass trotz seines Interesses nicht mehr daraus werden würde. Ganz höflich zeigte ich ihm dann, dass ich außer eines freundlichen Chats nichts mit ihm haben wollte. Plötzlich kam aus dem Nichts die Aussage, die mich völlig vom Hocker warf:

“Why do you have to play hard to get, when a white man is interested in you?”

Mir fiel mir die Kinnlade runter … ich war baff. Der Mann schüttelte seinen Kopf und ging weg. Er dachte wohl, meine fassungslose Reaktion lag daran, dass ich gekränkt war, dass er plötzlich jegliches Interesse an mir verloren hatte – und nicht am rassistischen Beiklang seiner Aussage …

Anfangs dachte ich, dies wäre ein Einzelfall. Unsere gemeinsamen Erfahrungen als queere Menschen hätten aus uns ähnlich eingestellte Menschen gemacht, die sich besser als andere in die Haut jeglicher Minderheiten hineinversetzen können, dachte ich naiv. Wie konnten Menschen, die wie ich Ausgrenzung und Diskriminierung erlebt hatten, die Kühnheit haben, sowas schamlos öffentlich zu äußern? Es war mir damals einfach unvorstellbar, geschweige denn verständlich … bis andere QPOC-Freund_innen mir im Laufe der Zeit ähnliche, manchmal schrecklichere Geschichten erzählten. Da musste ich zur Erkenntnis kommen, dass die queere Community (vor allem der männlich dominierte Mainstream) neben den schon längst identifizierten Themen Sexismus und Transphobie, aller Verleugnung und allem Jammern zum Trotz, leider auch von Rassismus geplagt ist. Und (un)bewusst die rassistischen (aber auch sexistischen) Unterdrückungsmechanismen der allgemeinen Gesellschaft aufrechterhält. Dieses Ungleichgewicht im Machtverhältnis spiegelt sich auch am Arbeitsplatz in meinen Interaktionen mit anderen (weißen) queeren Kolleg_innen wider.

Daher besteht die nächste große Herausforderung für die LGBT*IQ-Community darin, diese Diskussionen und die daraus abgeleitete Arbeit intersektionaler fortzuführen. Das tue ich jeden Tag, sowohl in meiner Rolle als D&I-Manager, als auch in meiner privaten Sphäre, weil es in diesem Gebiet tatsächlich noch wahnsinnig viel zu tun gibt …

Lieber Louis, vielen Dank für YourStory!

Louis Tongbong-Thomson

MYSTORY With …

Louis
42 Years, Berlin

“Despite all difficulties, I found the
courage in my 20s to acknowledge
all facets of my identity …”

Published: May 2022

Being QPOC.

As a QPOC in this mostly heteronormative-cisgender, white environment, I learned very quickly to identify (un)conscious oppressive phenomena in order to navigate the world (relatively) safely. It was simply a matter of survival – at least it seemed that way to me at the time, often rightly so. Despite all these difficulties, I found the courage in my 20s to acknowledge all facets of my identity – thanks to the support of QPOC friends I met in the activist scene and whose stories motivated me.

Shortly after coming out, I had the opportunity to move to Cologne to continue my studies. Like all my peers in one of the queerest strongholds in the country, I went to one of the numerous discos one night. There, a (white) man came up to me smiling, but spoke to me in English. Although I kept talking German, he always answered in English, which irritated me a bit because his German accent was easy to recognize. The gentleman was polite, nice, offered me a drink. Although the conversation was quite pleasant, it was clear to me that despite his interest, nothing more would come of it. Quite politely, I then showed him that I wanted nothing with him except for a friendly chat. Suddenly, out of nowhere came the statement that completely threw me off:

“Why do you have to play hard to get, when a white man is interested in you?”

My jaw dropped … I was flabbergasted. The man shook his head and walked away. He probably thought my stunned reaction was because I was offended that he had suddenly lost all interest in me – and not because of the racist connotation of his statement …

At first, I thought this was an isolated incident. Our shared experiences as queer people had made us similarly minded people who could put ourselves in the shoes of any minority better than anyone else, I thought naively. How could people who, like me, had experienced exclusion and discrimination have the audacity to shamelessly express such things in public? It was simply inconceivable to me at the time, let alone understandable … until other QPOC friends told me similar, sometimes more horrific stories over time. That’s when I had to come to the realization that the queer community (especially the male-dominated mainstream), in addition to the long identified issues of sexism and transphobia, is unfortunately plagued by racism, despite all the denial and whining. And (un)consciously perpetuates the racist (but also sexist) mechanisms of oppression in general society. This imbalance in power relations is also reflected in the workplace in my interactions with other (white) queer colleagues.

Therefore, the next big challenge for the LGBT*IQ community is to continue these discussions and the work derived from them in a more intersectional way. I do this every day, both in my role as D&I manager and in my personal sphere, because there is indeed still an insane amount of work to be done in this area …

Dear Louis, Thank you very much for YourStory!