Jean-Luc Vey

MYSTORY mit …

Jean-Luc
55 Jahre, Frankfurt

„Meine Eltern und Großeltern haben mir beigebracht,
dass die Zugehörigkeit zu einer Minderheit einen positiven
Wert hat und etwas ist, auf das man stolz sein kann. …“

Veröffentlicht: Mai 2022

Wurzelkraft.

Für mich und mein Engagement in der LGBT*IQ-Gemeinschaft sind meine Wurzeln und meine Herkunft sehr wichtig . Seit meiner Geburt gehöre ich zu einer Minderheit in Frankreich, als Protestant in einem sehr katholischen Land. Wir Protestanten repräsentieren etwa 2 Millionen Bürger_innen, das sind weniger als 3 % der französischen Bevölkerung. Wir sind eine starke Gemeinschaft, die sich sehr in Gesellschaft, Politik, Vereinen und Wirtschaft engagiert.

Meine Eltern und Großeltern haben mir beigebracht, dass die Zugehörigkeit zu einer Minderheit einen positiven Wert hat und etwas ist, auf das man stolz sein kann. Außerdem habe ich als Kind gelernt, dass Solidarität innerhalb und außerhalb der eigenen Gemeinschaft essentiell ist – und dass man anderen, die leiden oder abgelehnt werden, helfen sollte, ganz gleich, wer sie sind.

Auch Protestanten wurden in der Vergangenheit diskriminiert, vor allem im 17./18. Jahrhundert, nur wegen ihres Glaubens. Meine Familie hat diese Diskriminierung genauso erfahren wie andere protestantische Familien. Zum Beispiel durften wir früher unsere Toten nicht auf dem Friedhof begraben, sodass jede protestantische Familie einen kleinen Friedhof auf ihrem Grundstück hatte. Aus solchen Erfahrungen heraus wissen wir, wie sich Diskriminierung anfühlt – und das erklärt auch, warum wir Protestanten zum Beispiel während des Zweiten Weltkriegs vielen Juden geholfen haben. So habe ich gelernt, dass ich mich gegen jede Art von Diskriminierung in der gesamten Gesellschaft einsetzen muss.

Seit Generationen haben sich Mitglieder meiner Familie etwa in der Kirche und in der lokalen Politik engagiert. In der evangelischen Kirche werden die kirchlichen Angelegenheiten von einer Synode entschieden und verwaltet, einer Gruppe von Menschen aus 50 % Geistlichen und 50 % Kirchenmitgliedern. Mein Vater war über 20 Jahre lang Mitglied der Synode unserer Gemeinde. Meine Eltern und Großeltern waren auch sehr aktiv in den Gewerkschaften. Und ich bin der erste in meiner Familie, der eine Stiftung mitbegründet hat, worauf sie sehr stolz sind.

Ich habe von klein auf gesehen, wie wichtig und lohnend es ist, sich gesellschaftlich zu engagieren, Zeit für andere zu haben, und dass es möglich ist, positive Veränderungen zu bewirken.

… Vor etwa 23/24 Jahren habe ich mich geoutet und die erste große Liebe meines Lebens kennengelernt. Das gab mir viel Kraft und Selbstwertgefühl, was viele Veränderungen in meinem Leben mit sich brachte. Ich verließ die Universitätswelt, um meine Karriere bei der Deutschen Bank – und auch mein gesellschaftliches Engagement zu beginnen.

Im Jahr 2000 hatte ich dann das Glück, zur Gründungsveranstaltung von dbPride, dem LGBT*IQ-Netzwerk der Deutschen Bank, eingeladen zu werden – das war der Anfang von allem!!!

Von Anfang an, vor mehr als 20 Jahren, bis heute, waren meine Erziehung und meine Wurzeln der Schlüssel und die Hauptantriebskraft für meinen Einsatz für die LGBT*IQ-Gemeinschaft – und darüber hinaus … für eine respektvollere und tolerantere Gesellschaft.

Lieber JEan-Luc, vielen Dank für YourStory!