HÄUSLICHE GEWALT IN LGBT*IQ-BEZIEHUNGEN

Jenseits von männlichen Tätern und weiblichen Opfern

Das Stichwort häusliche Gewalt wird meist mit heterosexuellen Beziehungen sowie einer klaren Rollenverteilung verbunden. Die Prävalenz von Gewalt in LGBT*IQ-Beziehungen hingegen erfährt in der Öffentlichkeit wenig Beachtung. Erst seit wenigen Jahren taucht das Thema auch in wissenschaftlichen Studien auf.

Das mag zum einen daran liegen, dass Frauen tatsächlich häufiger Opfer häuslicher Gewalt werden. Zum anderen ist die fehlende Aufmerksamkeit für das Thema aber auch in unserem stereotypen Geschlechterbild und der anhaltenden Diskriminierung von LGBT*IQ-Menschen begründet. Häusliche Gewalt in nicht-heterosexuellen Beziehungen ist somit doppelt tabuisiert.

Gewalt hat viele Gesichter

Insbesondere die Tatsache, dass Gewalt nicht immer nach außen sichtbar ist, macht es Betroffenen oft schwer, rechtzeitig Hilfe zu erlangen. Denn häusliche Gewalt beginnt selten mit einem Faustschlag. Auch psychische Misshandlung, welche körperlichen Übergriffen häufig vorausgehen, fallen unter den Begriff der häuslichen Gewalt, ebenso wie sexuelle Übergriffe verschiedener Art. In gewalttätigen Beziehungen steigert sich die angewendete Gewalt oft in ihrer Intensität und verschiedene Gewaltformen greifen ineinander.

Mehr Gewalt in lesbischen und schwulen Partnerschaften?

Auch in Partnerschaften, die nicht dem heterosexuellen Beziehungsmodell entsprechen, ist Gewalt keine Seltenheit. Studien zeigen, dass Menschen in homosexuellen Beziehungen genauso häufig oder sogar häufiger von häuslicher Gewalt betroffen sind als solche in heterosexuellen Partnerschaften. Bisexuelle oder trans* Menschen werden von der sowieso schon dünnen Studienlage nicht erfasst. Jedoch ist zu vermuten, dass die Situation innerhalb von Partnerschaften dieser Personen ähnlich aussieht.

Insbesondere betroffene Männer suchen aufgrund des herrschenden Stereotyps des „dominanten Manns“ selten Hilfe. Dabei werden homosexuelle Männer genauso erschreckend häufig Opfer von partnerschaftlicher Gewalt wie Frauen. Eine US-Studie kam zu dem Ergebnis, dass beinahe die Hälfte aller homosexuellen Männer – 46 Prozent – unter einer Form der Partnergewalt leidet.

Generell ist die Dunkelziffer der von sexueller Gewalt Betroffenen hoch. Denn für viele Menschen, die in ihrer Partnerschaft Gewalt erfahren, ist die Scham und Angst davor, ihr Leiden publik zu machen, groß.

Frauen entsprechen nicht dem typischen Täterbild

Geht die Gewaltanwendung von einer Frau aus, so haben es Betroffene oft umso schwerer, sich Hilfe zu suchen. Weil Frauen nicht dem typischen Täter_innenbild entsprechen, ist Gewalt in lesbischen Beziehungen noch stark tabuisiert, Beschwerden von betroffenen Personen werden vielmals nicht ernst genommen.

Frauen wird – entsprechend des typischen Klischeebilds – häufig ein eher sanftes Gemüt und ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis zugeschrieben. Doch auch in lesbischen Beziehungen ist häusliche Gewalt leider keine Seltenheit. Angela Schwarz von der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen (WASt) erklärt in einem Interview mit dem österreichischen feministischen Magazin an.schläge weiterhin, dass nur drei bis fünf Prozent der Betroffenen in lesbischen Beziehungen Hilfe suchen. In heterosexuellen Beziehungen tun dies 20 bis 24 Prozent. Auch männliche Opfer häuslicher Gewalt durch Frauen tragen ihre Erfahrungen selten nach außen.

Das Beratungsangebot für LGBT*IQ-Menschen ist dürftig

Generell existieren nur wenige Hilfsprogramme und Beratungsangebote, die sich explizit an Betroffene innerhalb der LGBT*IQ-Community richten. Auch, wenn trans* Frauen in deutschen Frauenhäusern grundsätzlich willkommen sind, erkennt die Frauenhauskoordinierung e.V. an, dass es in der Unterstützung von trans* Frauen bei Gewalterfahrung „große Lücken gibt“. Ähnliches gilt für männliche Betroffene von häuslicher Gewalt.

Der Verein Broken Rainbow, der sich für von Gewalt betroffene lesbische und trans* Frauen sowie queere Menschen einsetzt, führt in seinem Jahresbericht 2019 an, dass „viele Klient*innen negative Erfahrungen in der allgemeinen beraterischen oder psychiatrischen Gesundheitsversorgung gemacht haben“, da sie aufgrund ihrer Geschlechtsidentität Diskriminierungen verschiedener Art erfahren. Gerade deshalb, weil LGBT*IQ-Menschen durch ihr Abweichen von der binären oder heterosexuellen „Norm“ oft ohnehin schon wenig Verständnis erfahren, sind spezielle Beratungsangebote und Schutzprogramme gegen häusliche Gewalt für diese Personen besonders wichtig. Hilfe für Betroffene bieten beispielsweise das Projekt MANEO (für schwule Gewaltbetroffene) oder die Beratungsstelle von gewaltfreileben (für Frauen, Lesben, trans* und queere Menschen).

DOMESTIC VIOLENCE IN LGBT*IQ RELATIONSHIPS

Beyond male perpetrators and female victims

The keyword domestic violence is mostly associated with heterosexual relationships and a clear distribution of roles. The prevalence of violence in LGBT*IQ relationships, on the other hand, receives little public attention. Only in the last few years has the topic begun to appear in scientific studies.

On one hand, this may be due to the fact that women are indeed more often victims of domestic violence. But on the other hand, the lack of attention to the issue is also rooted in our stereotypical gender image and the ongoing discrimination against LGBT*IQ people. Domestic violence in non-heterosexual relationships is thus doubly taboo.

Violence has many faces

Especially the fact that violence is not always visible to the outside world often makes it difficult for victims to get help in time. This is because domestic violence rarely begins with a fist punch. Psychological abuse, which often precedes physical assaults, also falls under the term domestic violence, as do sexual assaults of various kinds. In violent relationships, the violence used often increases in intensity and various forms of violence intertwine.

More violence in lesbian and gay partnerships?

Violence is also not uncommon in partnerships that do not conform to the heterosexual relationship model. Studies show that people in homosexual relationships are affected by domestic violence just as often or even more often than those in heterosexual partnerships. Bisexual or trans* people are not covered by the already thin body of studies. However, it can be assumed that the situation within partnerships of these people is similar.

Men in particular rarely seek help because of the prevailing stereotype of the “dominant man. Yet homosexual men are just as often victims of intimate partner violence as women. A U.S. study concluded that almost half of all homosexual men – 46 percent – suffer from some form of partner violence.

In general, the number of unreported cases of sexual violence is high. For many people who experience violence in their relationship, the shame and fear of making their suffering public is huge.

Women do not fit the typical perpetrator image

If the violence is inflicted by a woman, it is often even more difficult for those affected to seek help. Because women do not fit the typical perpetrator image, violence in lesbian relationships is still strongly tabooed, and complaints from affected persons are often not taken seriously.

Women – in line with the typical cliché image – are often attributed a rather gentle disposition and a pronounced need for harmony. However, domestic violence is unfortunately not uncommon in lesbian relationships either. Angela Schwarz of the Vienna Anti-Discrimination Agency for Same-Sex and Transgender Lifestyles (WASt) further explains in an interview with the Austrian feminist magazine an.schläge that only three to five percent of those affected in lesbian relationships seek help. In heterosexual relationships, 20 to 24 percent do. Male victims of domestic violence by women also rarely come forward with their experiences.

Counseling services for LGBT*IQ-people are meager

In general, there are only a few support programs and counseling services that explicitly address those affected within the LGBTIQ-community. Even though trans women are generally welcome in German women’s shelters, the Frauenhauskoordinierung e.V. recognizes that there are “large gaps” in support for trans* women experiencing violence. The same applies to male victims of domestic violence.

The Broken Rainbow association, which advocates for lesbian and trans* women and queer people affected by violence, states in its 2019 annual report that “many clients have had negative experiences in general counseling or mental health care” because they experience discrimination of various kinds due to their gender identity. Precisely because LGBTIQ people often experience little understanding anyway due to their deviation from the binary or heterosexual “norm,” special counseling services and protective programs against domestic violence are especially important for these individuals. Help for those affected is offered, for example, by the MANEO project (for gay people affected by violence) or the gewaltfreileben counseling center (for women, lesbians, trans and queer people).